Einst kam der Buddha mit seiner Jüngerschar in das Dorf der Kalamas. Die Bewohner des Dorfes hatten schon lange vorher von der Tugend, Heiligkeit, Reinheit und grenzenlosen Weisheit des Buddha gehört. Alsbald versammelten sich die Dorfbewohner, erwiesen ihm die Ehre und sagten ihm:

"Oh Erhabener! Oft kommen Leute, die sich auf ganz anderem Pfade bewegen, und Brahmins zu uns; sie legen ihre Auffassungen dar, dergestalt, dass sie sich selbst hervorheben, während sie andere schmälern. Sie selbst stellen sich als die Unfehlbaren hin. So sind wir nun in grossem Zweifel und verwirrt und wissen nicht, wer nun recht oder unrecht hat. Wir Dorfbewohner bitten nun uns die Lehre darzulegen. Wir wünschen nur soviel, dass uns der Buddha mit seiner Allgüte und Allerbarmung den richtigen Weg zeigt, damit wir von unseren Zweifeln befreit, die wahre Lehre kennenlernen, welche wie ein unbesiegbares, duftendes Gebet ist".

Der Buddha antwortete: "Oh ihr guten Leute, wenn Ihr behauptet dass Ihr Zweifel habt, so muss das eine Grund haben. Glaubt nicht allzu leicht, wenn jemand behauptet, dass eine Sache vollkommen gut sei oder wieder eine andere vollkommen schlecht. Denkt nicht so: "Es muss wahr sein, denn sonst könnte es nicht bestätigt werden". Mit solch einer Selbst-Bestätigung haltet Ihr die Falschheit für die wahre Lehre. Haftet nicht in Traditionen, da diese nur von einem Zeitalter zum anderen weitergegeben wurden und sich so im Laufe der Zeit auf viele Orte verstreuten, so ist es schwer zuversichtlich daran zu glauben.

Und weiterhin: Glaubet nicht zu leicht an etwas, weil es nur so einfach herumgesprochen wurde und von Mund zu Mund ging. Dies ist nicht ausreichend auch nur für ein winziges Körnchen Wahrheit. Und weiterhin: Glaubet nicht an Bücher, Schriftstücke, Sammlungen, Schul-Darlegungen und Kommentare einfach deshalb, weil sie von alten Meistern verfasst wurden, wie leicht hängen die Menschen an solchem Glauben! Sonderbare Gedanken, ungewöhnliche Reden führen die Menschen zu täuschenden Einbildungen, so dass sie an Geister und Schicksalsbestimmungen glauben. Schenkt nicht leichtfertig Glauben an solche Dinge und verlasst Euch nicht auf unbeweisbaren Aberglauben.

Und weiterhin: bei der Erklärung der verschiedenen Auffassungen lasst Euch nicht von Vermutungen leiten, annehmend, dass auch ein Zufall schon ein Ausgangspunkt sein könnte für eine spätere Schlussfolgerung. Wenn der erste Schritt noch unsicher ist, kann man einen zweiten und dritten nicht als sicher annehmen. Glaubet nicht an etwas, weil Ihr denkt, es sei etwas Ähnliches oder Zufall oder Notwendigkeit, diese Menschen würden jemand ähneln, der glaubt, wenn er die Wände eines Wassergefässes sieht, dass auch das Weltall solche Wände haben müsse. Oder weil sich die Schatten der Bäume hin und her bewegen, muss auch der Weltberg Meru existieren. Oder dass die Existenz eines Weltschöpfers notwendig sei, da ja auch die Städte und Häuser von Menschen errichtet wurden.

Und weiterhin: Glaubet nicht an besondere Vorurteile, Ansichten und überhebliche Gebräuche: alle Nationen sind schliesslich in ihren Eigenheiten wie Tracht, Schmuck, Sprache, Literatur usw. überheblich, und sind überzeugt, dass nur sie allein besser seien als alle anderen.

Verlasset Euch nicht auf Darstellungen, bloss weil die Person glaubwürdig erscheint, wie beispielsweise, wenn Ihr jemanden seht mit einem eindrucksvollen Äusseren, folgert nicht daraus, dass er ebenso gescheit und zuverlässig sein muss oder schenkt nicht jemand bedenkenlos Glauben, weil Ihr seht, dass seine Macht und seine Anlagen überdurchschnittlich sind. Genauso unrichtig wäre es zu denken, einem Adligen das Vertrauen zu schenken in der Meinung, dass er unbedingt ein guter Mensch sein muss, da ihn sonst der König nicht mit solch einer hohen Position betraut hätte.

Und weiterhin: Es ist kein, Grund vorhanden, jemand einzig deswegen Glauben zu schenken, weil er ein Meister, ein Vorgesetzter, ein mächtiger Mann oder eine Autorität ist. Es ist kein Grund, zu glauben wie er glaubt oder zu tun wie er tut, einzig deswegen, weil er als massgeblich betrachtet wird.

Ich sage Euch: Ihr müsst in Euch selbst wissen und erwägen: Das ist schlecht, das hat schlechte Folgen, das lehnt der Weise ab, das hat keine Vorteile für jemand, sondern nur Nachteile. Wenn Ihr es genau wisst, dann vermeidet es zu tun.

Dann sprach der Buddha: "Ich sage Euch, glaubet es nicht deswegen, weil Ihr es von mir jetzt so gehört habt, sondern weil Euer eigenes Gewissen so entschied. Wenn Ihr also kennt, was ungut ist, vermeidet es zu tun"

Und dann zeigte der Buddha den rechten Weg: "Wenn Ihr in Euch selber erkennt, dass etwas gut ist und nicht schlecht, das es von den Weisen gelobt wird, von Vorteil und glückbringend ist, dann tut es ausgiebig nach Eurem besten Gewissen."

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